Ein SelbstERFAHRUNGsbericht
21. Juli, Roßbach
mh| Es begann wie immer, harmlos! „Würdest du für uns Radfahren. - Du machst doch Triathlon. - Wir könnten etwas reißen!“ Und all die anderen Sachen die man so sagt, um jemandem auf subtile Art und Weise den Befehl „Du fährst!“ ins Gewissen zu transferieren. Aber gut, vom Gesagten traf ja alles irgendwie zu. (Nur eben nicht für das Jahr 2012.) Aber es waren ja doch nur 30 Kilometer in einer Staffel auf dem Rad und ein wenig Bauchpinselei tut schließlich jedem gut. „Also dann, ich mach´s!“ Und so wurde ich zum LeuCompañero.
Mitte Mai, Himmelfahrt. Die Formkurve tief im Keller – da wo
auch mein Rad steht, welches mich an diesem Tag zum zweiten Mal im Jahr sieht –
geht es mit den anderen vom TCM zum traditionellen „Himmelfahrtskommando“. Das
Tempo ist wie üblich dem Tag unangemessen hoch und so ist mein Platz im
hinteren Teil unserer Gruppe. Irgendwann ist Halbzeit im Biergarten in Freyburg
und nach dem wohlverdienten Radler für die Radler teilt sich die Gruppe. Zu
meinem Glück gehöre ich denen an die heimwärts fahren und da angekommen kann
ich auch die ersten 100 Kilometer des Jahres 2012 verbuchen. (Ich weiß nicht
mehr, ob ich an diesem Nachmittag das Sofa ohne fremde Hilfe verlassen
konnte!?) Der 21. Juli und mein Start beim Firmenteam Triathlon waren da noch
in weiter Ferne und ich war ganz entspannt, denn 8 Wochen mit ein wenig
Struktur würden schon reichen.
Die Struktur sah dann in der Regel so aus: 1x in der Woche
60 Kilometer Rad und 1x 10 Kilometer laufen – mal schnell(er), mal langsam(er),
1x in der Woche Eisdiele. Das ganze alle 2 Wochen. Bis auf die Eisdiele, das
war öfter. So manche Trainingsverabredung kam wegen anderer Termine, schlechtem
Wetter oder Sonstigem nicht zustande. Und wenn doch, erinnerte mich mein stark
anschwellender Puls bei Ausfahrten an meinen aktuellen Leistungsstand. Aber
auch Gerald – welcher am Tag X mein direkter „Konkurrent“ im firmeninternen
Duell sein würde – tat sein Bestes mich zu erinnern. Trainingsausfahrt Leuna –
Hassesee –Leuna: Locker hin. Wie wollen wir die Runde fahren, zusammen? In
einem Überschwang von Trainingseifer wollte ich davon nichts hören. Jeder
sollte mal seine Hausnummer fahren, damit man in den verbleibenden wenigen
Wochen die Fortschritte erkennen könnte. Gesagt, getan und schon hechelte ich
hinterher. Wieso hatte er immer mehr Druck auf der Pedale? Irgendwann nach
einer halben Runde zog er dann auch nach und nach davon. Nach 15 Kilometern,
also einer Runde, lautete meine Hausnummer 26 (Minuten). Hätte schlimmer sein
können?!
Wieder vergingen die Wochen, die Radkilometer hatten sich
nicht entscheidend vermehrt. Die Wettkampfwoche rückte gnadenlos heran. War das
Gerede vom schlechten Trainingsstand auch immer ein bisschen Herumgeflachse
gewesen, so dämmerte mir spätestens zu diesem Zeitpunkt, dass es Ernst werden
würde mit „Inframos“ im allgemeinen und Gerald im speziellen. Ich hatte nicht
die besten Karten! Jedoch wurden diese Gedanken durch den Aufbau und die
organisatorischen Vorbereitungen auf den Triathlon auch gleich wieder gelöscht.
Da war er nun also. Der Tag mit dem 1. Wettkampf seit einem
knappen Jahr. Und zugegebenermaßen war ich aufgeregt und musste diese eine
Örtlichkeit aufsuchen. Hatte ich an alles gedacht, Schuhe, Helm, Brille usw.?
Ganz wie in den alten Zeiten!
Mein Schwimmer Holger kam als 5. aus dem Wasser und sollte
mir knappe 4 Minuten auf Gerald mitgeben, was ich zu diesem Zeitpunkt aber
nicht wusste und mich eigentlich auch nicht interessierte. Das er schneller
sein würde, davon ging ich im Grunde aus. Aber einholen lassen, das musste nicht
sein!
Es lief gefühlt ganz gut an. Flacher Anstieg Richtung
Reichardtswerben, nur wenige Fahrer vor mir und in Sichtweite auch noch das
Blaulicht des Führungsfahrzeugs. Oben auf der Kapstraße kam dann zum ersten Mal
jemand vorbei. Links von mir. Der nächste war rechts. Also Ausgleich! Aber
irgendwie musste ich das Luxemburg des Radsports sein und bekam mit der Zeit
eine Packung! Alle paar Minuten wurde ich überholt. Das gab mir irgendwie auch immer wieder einen
kurzen Aufwind, aber für die Einsicht, dass die anderen definitiv schneller
waren, benötigte ich von Mal zu Mal weniger Zeit.
Nach 27 Minuten war die erste Runde vorbei. Gerald noch
nicht. Ich fühlte mich nun schon etwas ausgelaugt und mein Tacho zeigte mir
dieses auch deutlich an. Weiter die Kapstraße, zum 2. Mal das Luftschiff runter
– erholen! Jetzt nur zur SAZA hoch und
dann gesch... „Sch... Sch... Gar nicht
schön!“ durchzuckte es mich am letzten Anstieg, als das weiße TCM-Trikot in
meinem Augenwinkel auftauchte. Hatte er es doch geschafft! Und ausgerechnet an
diesem Anstieg wo er sofort ein Loch reißen würde! Derartig motiviert schafte
ich es noch einmal, mich aufzuraffen und bis zum flacher werdenden Stück dran
zu bleiben. Und auch danach konnte er mich nicht abschütteln. Ich blieb einfach
10 bis 15 Meter dahinter. Von der SAZA herunter hatte ich sogar das Gefühl,
noch einmal zum Überholen ansetzen zu können. Aber was hätte das jetzt noch
gebracht? Zumal uns beide in der Abfahrt auch noch unser TCM-Mitglied Stefan
überholte und Thomas auch nicht weit war.
Die persönliche Bilanz lautete schließlich: 54 Minuten, total kaputt (Vielleicht sollte ich im nächsten Jahr für die Raffinerie starten?), von
allen eingeholt, aber wenigstens kein Rückstand für meine Läuferin Constanze im
Wechselgarten. Ein schwacher Trost, aber eben ein Trost. (Wirklich) kaputt,
aber glücklich beglückwünschten wir uns zu unserem Rennen, welches trotz aller
Leiden auch irgendwie wieder Spaß gemacht hatte. Und dann vielleicht im
nächsten Jahr...
In diesem Jahr jedenfalls lief Constanze den Sieg in der
Wertung Mix>120 Jahre nach Hause. Traditionsgemäß das ganze so schnell, dass
weder Holger noch ich ihr beim (eigentlich gemeinsamen) Zielsprint folgen
konnten.